Gesundheitsförderung Schweiz

Gesellschaftlicher Kontext und politische Rahmenbedingungen

Die Bedeutung des gesellschaftlichen Kontexts für Gesundheitsförderung und Prävention

Die Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention findet immer in einem politischen Umfeld statt. Deshalb ist Gesundheitsförderung und Prävention im umfassenden Sinn auch eine politische Aktivität. Ob die Politik die Förderung der Gesundheit als eine ihrer Aufgaben ansieht und wahrnimmt oder ob sie diese Aufgabe als alleinige Angelegenheit der Bürgerinnen und Bürger sieht, hängt vom gesellschaftlichen Kontext und den politischen Rahmenbedingungen ab. Gesundheitsförderung und Prävention sind von diesen Rahmenbedingungen geprägt, ihre Aufgabe ist es aber auch, Einfluss auf den gesellschaftlichen Kontext zu nehmen, um damit einen nachhaltigen Beitrag für gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen zu leisten. Der gesellschaftliche Kontext spielt eine zentrale Rolle in der Gesundheitsförderung und Prävention, je nachdem, wie er eingeschätzt, bewertet oder beeinflusst wird.

Im Best Practice Konzept von Gesundheitsförderung Schweiz ist der Rahmen für fachliches Handeln und Entscheiden festgelegt. Der gesellschaftliche, soziökonomische und kulturelle Kontext, spielt neben den Dimensionen Werte und Wissen eine wichtige Rolle. Für eine Best Practice wird das Erkennen und Kennen von wichtigen Kontextfaktoren- als wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Intervention gesehen.

Die Bedeutung der Kontextfaktoren

Um wichtige Kontextfaktoren für die Planung eines Projektes identifizieren zu können ist eine Kontextanalyse notwendig. In dieser geht es darum, alle wesentlichen Kontextfaktoren zu identifizieren und zu bewerten, um sie für die Umsetzung entsprechend nutzen zu können. Das Identifizieren der Kontextfaktoren ist hilfreich, weil damit die Kräfte besser erkannt und bewusster gesteuert werden können, die ein Projekt beeinflussen, Auch Interessenskonstellationen und mögliche Konfliktfelder werden dadurch leichter erkennbar. Die Beschäftigung mit den Kontextfaktoren ermöglicht:

  • eine aktive Steuerung des Projekts
  • eine realistische Einschätzung des Umfeldes
  • das Erkennen und Nutzen von Chancen (sogenannten „Windows of opportunities“)

Die Beschreibung von Kontextfaktoren und das Wissen, auf welche Weise sie Interventionen beeinflussen, liefern auch wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse für andere Interventionen. Bei der Übertragung von Erkenntnissen und Erfahrungen aus einem Projekt auf andere Kontexte bzw. bei der Generalisierung von Erkenntnissen ist Vorsicht geboten, da sich die Kontexte oft stark unterscheiden. Eine vergleichende Kontextanalyse hilft, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen und bei der Übertragung zu berücksichtigen.

Identifizieren der Kontextfaktoren

Um die relevanten Kontextfakoren systematisch identifizieren zu können- bietet das Raster für den Kontext-Check im Best Practice Konzept die notwendige Unterstützung. Die lokale, regionale oder nationale Ebene kann systematisch auf die verschiedenen Faktoren hin abgefragt werden.

Bei den politischen Faktoren stellen sich beispielsweise folgende Fragen:

  • Bei welchen politischen oder anderen Gruppierungen hat das Thema Akzeptanz? Wo stösst die Thematik auf Widerstand und warum?
  • Von wem (Personen, Gruppen, Organisationen) kann konkrete Unterstützung erwartet werden?
  • Sind die Interessen der politischen Kräfte bekannt? Kennen Sie die Argumentation der gegnerischen Lager?
  • Für welche Themen und Fragen sind welche Vernetzungen nötig?

Bezüglich Kapazitäten für Gesundheitsförderung und Prävention stellen sich zum Thema Leadership Fragen wie:

  • Gibt es Personen, die sich für eine spezielle Thematik stark machen?
  • Wer kann gewonnen werden, um als Macht, Sach- oder Finanzpromotor mitzuwirken?
  • Wie kann Leadership aufgebaut und gestärkt werden?

Das systematische Reflektieren über die wichtigen Faktoren schärft den Blick für die Rahmenbedingungen: eine realistische Einschätzung der Machbarkeit, das Erkennen von Widerständen -, Konflikten und -. neuer Chancen, Vernetzungsmöglichkeiten sowie Multiplikationen der Ideen.

Literaturhinweise

  • Gesundheitsförderung Schweiz (Hrsg.) (2010). Best Practice. Ein normativer Handlungsrahmen für optimale Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention. Bern: Gesundheitsförderung Schweiz. Link/Download
  • Broesskamp-Stone, Ursel (2009). Gute, viel versprechende, beste Praxis? Der Best-Practice-Rahmen für Gesundheitsförderung und Prävention. In: Kolip, Petra; Müller, Veronika (Hg.) Qualität von Gesundheitsförderung und Prävention. Handbuch Gesundheitswissenschaften, S. 115-136. Bern: Huber.
  • Sie fokussieren sich stark auf den fachlichen Hintergrund und schätzen die Kontextfaktoren als weniger bedeutend ein.
  • Sie interessieren sich weniger für politische und ökonomische Zusammenhänge und setzen sich auch nicht damit auseinander.
  • Die Auseinandersetzung mit dem politischen, soziökonomischen und kulturellen Kontext hilft, die vorhandenen Rahmenbedingungen für Ihre Zielsetzungen besser zu nutzen.
  • Sie können Widerstände oder Barrieren frühzeitig erkennen oder sogar umgehen.
  • Sie haben realistische Vorstellungen bezüglich der Machbarkeit ihres Projektes.
  • Nutzen Sie die Dimensionen des Kontext-Checks des Best Practice Konzeptes von Gesundheitsförderung Schweiz als Unterstützung für eine systematische Reflexion.
  • Analysieren Sie, in welcher politischen Landschaft Ihr Projekt umgesetzt werden soll und welche Schlüsselpersonen für den Projekterfolg relevant sind.
  • Welches sind besonders relevante gesellschaftliche und politische Einflussfaktoren auf Ihr Projekt?
  • Welche Faktoren in Ihrem konkreten Umfeld dürften sich unterstützend für Ihr Projekt auswirken und wo sehen Sie eher Hindernisse?
  • Welche dieser Faktoren lassen sich gegebenenfalls zum Nutzen für das Projekt beeinflussen?
Letzte Änderung: Sonntag, 29. August 2010, 19:30 Uhr