In Zeiten globaler Klimaerwärmung und den damit verbundenen ökologischen und sozialen Problemen kommt dem Konzept der Nachhaltigen Entwicklung eine zunehmende Bedeutung zu. Die 1992 an der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro erarbeitete ‚Agenda 21’ bildet die Basis für umfassende Strategieentwicklungen und Massnahmen zur Sicherung der ökologischen Ressourcen der Erde unter Berücksichtigung von Aspekten der Gerechtigkeit und der ökonomischen Prosperität. Wichtig ist, dass ‚Nachhaltige Entwicklung’ nicht einfach identisch ist mit ‚Nachhaltigkeit’ im Sinne einer langfristigen Wirkung von Massnahmen, die ja auch eine zentrale Herausforderung in der Gesundheitsförderung ist. Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung ist primär darauf ausgerichtet, eine Balance von Ressourcenverbrauch und Ressourcenregenierung zu erreichen, um so den Fortbestand einer gerechten Gesellschaft mit einer funktionierenden Wirtschaft in einer intakten ökologischen Umwelt zu sichern.
Die Konzepte der Gesundheitsförderung/Prävention und der Nachhaltigen Entwicklung weisen weit mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen auf. Vom Inhalt her hat die Nachhaltige Entwicklung ihren Schwerpunkt zwar bei ‚ökologischen’ Themen, aber Chancengleichheit, eine gute körperliche und psychische Gesundheit der Menschen sowie eine gesundheitsförderliche soziale Einbettung sind für sie genau so wichtig, wie die ökologischen Lebensbedingungen und Gerechtigkeit für Prävention/Gesundheitsförderung. Im Grunde sind beide Disziplinen auf einen sorgsamen und gerechten Umgang mit ökologischen, körperlichen, psychischen und sozialen Ressourcen ausgerichtet.
Sobald die Ziele von Gesundheitsförderung/Prävention und Nachhaltiger Entwicklung global formuliert werden, sehen sich die Disziplinen mit einer kaum zu bewältigenden Komplexität konfrontiert. ‚Gesundheit für alle’ zu erreichen, erscheint genau so utopisch, wie das Ziel, den künftigen Generationen eine ökologisch intakte Welt zu hinterlassen, in der sich Gebrauch und Regenerierung von Ressourcen in einem Gleichgewicht befinden und alle Menschen gleichberechtigten Zugang zu diesen Ressourcen haben.
Angesichts der hohen Eigendynamik ökonomischer Prozesse, staatspolitischer Entscheidungsfindung sowie individueller Verhaltensweisen sind Gesundheitsförderung/Prävention und Nachhaltige Entwicklung gut beraten, pragmatisch vorzugehen und Veränderungen auf unterschiedlichen Ebenen anzustreben. Dabei bietet sich für die involvierten Disziplinen eine Kombination von individuums- und setting-orientierten Massnahmen an. Ein sorgsamer und eigenverantwortlicher Umgang mit ökologischen, psychischen, körperlichen und sozialen Ressourcen durch die einzelnen Menschen ist zwar unverzichtbar, aber er reicht nicht aus, um die hoch gesteckten Ziele zu erreichen. Gesundheitsförderung/Prävention und Nachhaltige Entwicklung müssen zusätzlich versuchen, politische Entscheidungsprozesse im Sinne ihrer Ziele zu beeinflussen und Organisationen dazu zu bewegen, mehr Verantwortung für die Gesundheit der Menschen und die ökologische Umwelt zu übernehmen. Pädagogische Aktivitäten und massenmediale Sensibilisierungsmassnahmen sind daher durch Strategien der Politikbeeinflussung und der Organisationentwicklung zu ergänzen. Die zunehmende Bedeutung von Konzepten wie ‚Gesundheitsfolgenabschätzung’, ‚Umweltverträglichkeitsprüfung’, ‚Betriebliches Gesundheitsmanagement’, ‚Corporate Social Responsibility’ oder ‚Sustainability Management’ zeigen, dass sich diese Erkenntnis auch in der Praxis durchzusetzen beginnt.
Angesichts der weit gehend identischen Ziele, Herausforderungen und Strategien von Gesundheitsförderung/Prävention und Nachhaltiger Entwicklung bietet sich an, die Kooperation zwischen den Disziplinen auf allen Ebenen zu intensivieren und gemeinsame Konzepte zu entwickeln. Durch eine verstärkte Kooperation können die knappen Ressourcen gebündelt und nachhaltige Veränderungen wahrscheinlicher gemacht werden.