Gesundheitsförderung Schweiz

Multiprojektmanagement

Patrick Roth, RADIX Schweizerische Gesundheitsstiftung

Die Ansprüche an Projektmanagement sind gegenüber früher gewachsen. Heute wird der Zielvereinbarung, Wirksamkeit, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und den Synergien von Programmen und Projekten mehr geschuldet. Gleichzeitige Planung und übergreifende koordinierende Steuerung mehrerer Projekte sind mittlerweile Alltag in der Gesundheitsförderung, weil dadurch ein grösserer Mehrwert erzielt werden kann, als wenn Projekte unabhängig voneinander realisiert werden.

Die meisten der Leserinnen und Leser dieses Newsletters haben mit Projekten zu tun. Sei es als Schlüsselperson oder Akteur bzw. Akteurin mit einer bestimmten Rolle und Aufgabe, sei es als Projektleiterin bzw. Projektleiter, also initiierend, planend, steuernd, kontrollierend oder evaluierend. Auf dem Markt von Gesundheitsförderung und Prävention sind die Projektleitenden zumeist auch (mit)verantwortlich für Mittelbeschaffung, Gesucheinreichung, Vernetzung, Qualitätskontrolle und Öffentlichkeitsarbeit.

In nationalen Programmen oder kantonalen wie dem Genfer Programm „Marchez et mangez malin!“* (s. Interview mit Frau Lynne Thadikkaran) sind projektübergeordnete Strategien und Ziele vorgegeben. Das macht die Sache komplexer, Rücksichtnahmen und Absprachen sind Gebot, die Herausforderungen für Programm- und Projektleitende wachsen. Sie müssen dabei nicht nur Projektmanagementerfahrung besitzen, sondern Fremdsprachenkenntnisse vorweisen. OK: ich übertreibe ein bisschen. Oder doch nicht? In meinen Projektanträgen muss ich mittlerweile häufig Auskunft geben über – in alphabetischer Reihenfolge – Assessmentqualität, Benchmarking, Best Practice, Controlling, Effektivität, Effizienz, Empowerment, Evidenz, Gender, Implementierung, Indikatoren, Kohärenz, Kontext, Monitoring, Outcome, Output, Policy, Public Health Action Cycle, Reporting, Salutogenese, Setting, SMART, Total Quality Management (Auszug aus dem Glossar von quint-essenz). Ausserdem werde ich aufgefordert, das Projektmanagement-Tool von quint-essenz zu verwenden und mich in der Community aktiv auszutauschen.

Im Multiprojektmanagement geht es um die Einbettung von Projekten in übergeordnete Strategien und die Bündelung von Projekten zu Programmen. Weil damit Synergien geschaffen sowie die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsförderung gesteigert werden können. Weil Qualität auch eine Frage von gemeinsamer „Sprache“ und Ab-Sprache, von Politik und Finanzen, von mehrjährigen Schwerpunkten und wechselseitigen Abhängigkeiten, von Vergleichbarkeit, Unterstützung und Austausch ist. Konkret verlangen Programme eine gemeinsame übergeordnete Perspektive und zu Beginn - wo möglich - die Vereinheitlichung von Qualitätskriterien, Abläufen, Vorgaben und Vorlagen für die Planung, Steuerung und Evaluation der Projekte.

Ein klassisches Beispiel zur Veranschaulichung eines Multiprojektmanagements ist das langfristige nationale Schwerpunktprogramm „Ernährung und Bewegung bei Kindern und Jugendlichen“. Zu Beginn wurde eine (gemeinsame) langfristige Vision festgeschrieben, die sich auf wissenschaftliche Grundlagen (State of the art) stützt. Zur Festlegung der Zielgruppen verwendete man das Lebensphasenmodell, und zentrales Element der Kantonalen Aktionsprogramme (und auch deren Mitfinanzierung) ist die Strukturierung in die vier Ebenen Module – Policy – Vernetzung – Öffentlichkeitsarbeit. Ausserdem ist die Selbstevaluation vereinheitlicht und jährliche Netzwerktagungen fördern Koordination und Qualität.

Ein anderes Beispiel ist das nationale Programm „Die Gemeinden handeln!“ für eine kohärente Alkohol- und Tabakprävention der Schweizerischen Gesundheitsstiftung RADIX. Dabei können Gemeinden mit Unterstützung von RADIX und der kantonalen oder regionalen Suchtpräventionsstellen eigene lokale Projekte realisieren. Die Ziele sind auf Programmebene und bezüglich der Umsetzung kommunaler Massnahmenpläne vorgegeben, es besteht ein bewährtes Vorgehensmodell, und auch in diesem Programm erleichtert ein periodischer Erfahrungsaustausch die Koordination und erhöht damit das Wirkungspotential der Präventionsbemühungen.

Mit quint-essenz stellt Gesundheitsförderung Schweiz ein Qualitätssystem für Projekte der Gesundheitsförderung und Prävention zur Verfügung, welches hilft, die vielfältigen Herausforderungen eines Multiprojektmanagements zu meistern. Es fördert über die Vereinheitlichung von Qualitätskriterien, Begriffen, Prozessen und Instrumenten die gemeinsame Ausrichtung und die Koordination der Projekte eines Programms. Das Projektmanagement-Tool erleichtert der Programmleitung und den einzelnen Projektleitenden den Überblick über die laufenden Projekte und gewährleistet auch organisationsübergreifend raschen Zugriff auf die jeweils aktuellen Dokumente. Die Plattform ermöglicht einen effizienten Austausch von Projekterfahrungen und Ideen und Organisationen, Programme und Projekte können in ihren Abhängigkeiten öffentlich sichtbar gemacht werden. Zusammengefasst hat Gesundheitsförderung Schweiz gute Grundlagen und Hilfsmittel fürs Programm- und Multiprojektmanagement geschaffen. Gründe genug, www.quint-essenz.ch weit oben auf die Prioritätenliste zu setzen und wieder einmal die Internetseite aufzusuchen. Lieber heute als morgen.

Letzte Änderung: Dienstag, 16. September 2014, 07:45 Uhr